Always in Love and Memory    * 06.01.1987   † 28.12.2003


Liebste Sabrina, geliebte Tochter,

wie schreibt man Briefe an seine tote Tochter?

An wen soll ich die Briefe richten?

Ich schreibe weil ich eine Verbindung zu dir brauche.

 Heute sind es 609 Tage seit du tot bist!

Ich schreibe diese drei Buchstaben, ohne sie zu begreifen.

Ich verstehe immer noch nicht was geschehen ist,

ich will und kann es nicht begreifen.

Diese drei Buchstaben lösen Chaos in mir aus.

Du bist meine Tochter, mein einziges Kind.

Seit 609 Tagen suche ich eine Form der Normalität,

die nicht mehr da ist.

Vor mir liegen Scherben,

sinnlos gewordene Bruchstücke eines Lebens.

Ich möchte bei Dir sein, Sabrina.

Was ich mein Schicksal nenne, werde ich tragen –

ohne den Sinn verstehen zu können.

Leben mit der Abwesenheit von Sinn –

wie, meine Tochter, soll dies gehen?

Du warst mein Leben, Teil von mir selbst.

„Ich bin Du und Du bist Ich“

Bist du zurückgekehrt zum Ursprung unser beider Leben?

Du warst mir so viel, Sabrina:

Du gabst meinem Leben als Mutter

einen ganz besonderen Sinn und Inhalt,

für dich musste ich sorgen, für dich musste ich da sein,

Du hast mich gebraucht.

Ich weiß nicht mehr wer ich bin....

Bin ich noch eine Mama?

Mit dir konnte ich noch einmal zurückwandern

durch mein eigenes Leben,

habe Kindheit und Jugend gespürt,

Dich begleitet durch alle Phasen, durch Höhen und durch Tiefen.

Du warst mir Intuition,

wie du mir manchmal auch Kummer

und sogar Wut und Verzweiflung warst.

Mit Dir habe ich gelacht, geweint, gestritten, philosophiert,

wir haben Lebensplanungen entworfen,

Visionen für Dich und für mich.

Wir waren Mutter und Tochter, im besten Sinne –

gemeinsam und jeder für sich, wir waren uns so nah,

wie Mutter und Tochter sich nah sein können und noch stärker.

Und weil dies so war,

konnte ich dich mit angehender Reife des Erwachsenwerdens

ziehen lassen,

wissend,

dass das Band zwischen uns fest und undurchtrennbar ist.

Ich habe gespürt,

wie gut und wie frei Dein Leben so langsam wurde.

Ich habe gespürt,

wie du an den Aufgaben des Lebens langsam gewachsen bist

und frei und unabhängig sein wolltest.

Dich gefreut hast allein zu entscheiden und erwachsen zu werden.

Du hast mir neue Welten eröffnet,

Welten die ich ohne Dich nie kennen gelernt hätte.

Du brachtest mir die Menschen nah,

jetzt ist alles tot in mir, leer und ohne Sinn.

Hunderte Male haben wir zusammen über deine Zukunft gesprochen

und sie vor Augen gesehen.

Es gab in Gedanken soviel Pläne und Vorstellungen für Dich,

für Deinen Beruf und Dein Leben, als Sabrina.

Heiraten und Kinder haben wolltest Du erstmal nicht,

Karriere und Leben für Dich.

Ich habe Dir oft gesagt, dass Du später mal gut für Dich sorgen musst, für Dich selbst.

Deshalb ist es wichtig gewesen eine gute Ausbildung zu absolvieren,

falls Mama nicht mehr ist.

....Es kam die falsche Reihenfolge in unser beider Leben.

Wir sprachen so viel zusammen über Deine Zukunft

und von einer Sekunde auf die andere

sprach ich mit der Familie und Deinen Freunden über Deinen Tod.

Hattest Du eine Ahnung, mein Kind?

Eine ganz ferne, unbewusste Ahnung über das Kommende?

Musstest Du so leben, so schnell reifen, meine Sabrina,

weil Dir nur so wenig Zeit blieb?

Musste unsere Beziehung so eng sein,

weil wir nur 17 Jahre zur Verfügung hatten?

Wenn alles so ist, was hat dieses Schicksal dann für mich vorgesehen?

Wie soll ich ein Leben leben, mit Deiner Abwesenheit,

Deiner ewigen Abwesenheit?

Wer und was soll die Leere füllen,

wie soll ich diesen Schmerz aushalten,

den ich in seinem Ausmaß zu spüren beginne.

Ganz langsam begreife ich die Tragweite,

die Dimension....ganz langsam nur, Sabrina!

Ich lebe mit dem Schock, mit der Fassungslosigkeit!

Meine Sabrina,

ich fühle mich noch immer abgeschnitten von mir selbst....

Ich handle wie eine Marionette, funktioniere,

bin nicht ich selbst.

Irgendjemand oder irgendetwas

wird mich erlösen und befreien

und Du wirst zurückkehren

und alles ist nur ein Spuk,

ein böser, fürchterlicher Traum....

Lass es so sein, Sabrina, lass es doch bitte so sein....

 

Ich brauche dich so sehr,

Du fehlst mir so unendlich.

Ich liebe Dich

                                                  Deine Mama

                                    

Sabrina, die Trauer und der Schmerz um Dich nehmen nicht ab,

sie werden glaube ich, mit den Jahren in den Alltag integriert,

sie gehören zu mir, mein Engel.

16 Monate lebe ich bereits ohne Dich und ich konnte mir an Deinem Todestag

am 28.Dezember 2003 nicht vorstellen,

dass ich 16 Monate ohne Dich überleben könnte.

Und dann lese ich Beiträge von Eltern, die den 9. oder 10. Todestag ihrer Kinder beweinen, werde mir bewusst, dass mein Trauerweg immer noch kurz ist

und stehe wiederum vor einer Wand, die mir nicht überbrückbar erscheint.
Ich nehme die Bruchstücke meines Lebens wieder auf ?

Wenn Du Mama nur sehen könntest,

Du würdest soviel weinen und wüsstest nicht mehr ein noch aus.
Denn es bist ja nicht nur Du mein Kind, das gegangen ist,

sondern mein ganzes bisher gekanntes Leben, mein Schatz.

Meine Partnerschaft hat sich verändert:

wo vorher Einklang herrschte, ist plötzlich unnatürliche Stille und auch mal Streit.

Es fehlen einem die Worte und die Kraft.


Ich freue mich auf die Nacht,

wenn ich meine Gedanken auf Dich konzentrieren kann

und ich fürchte die gleiche Nacht, weil ich Dich immer vor mir sehe,

wie Du so unnatürlich still und gleichwohl schön,

gezeichnet von Deinem Unfall vor mir liegst.

Die hektischen Versuche mich abzulenken und die Flucht vor meinen eigenen Gedanken machen mich müde und lassen mich dennoch nicht schlafen.


Wenn ich nur wüsste, wie es Dir ergeht, in dieser neuen Welt!

Und dann kommt alles zurück zum Glauben, dass Du nicht einfach verschwunden bist, dass Deine Persönlichkeit, Dein sprühender Geist,

Deine unbändige Liebe irgendwo weiterlebt und mich beeinflusst,

mir Stärke gibt und mich überleben lässt, mir Hoffnung gibt,

dass da einmal eine Zeit des Wiedersehens kommen wird.


Ich bin verzweifelt, aber hoffnungsvoll!
Ich bin traurig, aber freue mich auf das Unbekannte, auf Dich!
Ich bin aber vor allem absolut sicher,

dass meine Beziehung zu Dir nicht beendet ist und niemals enden wird.



Ich umarme Dich und drücke Dich ganz fest.
Ich liebe dich.
Deine dich immer liebende Mama



 

Heute 16 Monate nach Sabrinas Tod ist der schwere Schock vorbei
und die tiefe Trauer um meine Sabrina ist eingetreten.

Ich fühle es, die Sehnsucht wird oft sehr schlimm, so das man es nicht aushält.
Heute fühle ich mich so, als wenn ich noch gar nicht richtig trauere,
sondern noch schlimmer, die Trauer hat mich, sie hat mich in ihrer Gewalt
und macht mit mir was sie will.

Niemals darf man sagen, das eine trauernde Mama krank ist,

nein ich habe eine Seelische Erschütterung,

die vermutlich mein Leben lang bleiben wird.

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